Die Pandemie hat unzählige Möglichkeiten und Herausforderungen aufgedeckt, mit denen Mitarbeitende und Leader nicht gerechnet hatten. Und damit rückt der Megatrend New Work einmal mehr in den Vordergrund. Auch im Gesundheitswesen. Doch wo stehen die Leistungserbringer auf dem Weg in diese neue Arbeitswelt? Ist New Work zwar in aller Munde, aber noch nicht in allen Köpfen? Und wieso ist Flexibilität in vielen Unternehmen gerade jetzt das Gebot der Stunde?
Experten der Branche haben sich in der POLYPOINT Talk-Reihe mit New Work und den fünf Schlüsselthemen auseinandergesetzt. Mit heterogenen Blickwinkeln aus HR-Strategie und Management, Personalvermittlung und Personaleinsatz, Technologie, Arbeitsplatz und Prozessen wurden diese während fünf Folgen erörtert.
• NEW OPPORTUNITIES
• AGILE ORGANISATION
• STÄRKENORIENTIERUNG
• COLLABORATION
• WORK-LIFE-BALANCE
Alexandra Gastpar, Total Workforce Managerin bei HR Campus, Dr. Alain Meyer, Geschäftsführer von careanesth, Michael Zürcher, Leiter Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung im Kantonsspital Aarau, und Thomas Buerdel, CEO und Head of Business Development POLYPOINT, diskutierten gemeinsam Erfahrungen, Perspektiven und Lösungsansätze zu den «five big questions» hinsichtlich New Work.
Basierend auf der Tatsache, dass New Work in volkswirtschaftlicher Hinsicht Chancen eröffnet, um dem Pflegenotstand Stirn zu bieten, und betriebswirtschaftlich gesehen auch Kosteneinsparungen ermöglicht, standen im ersten Talk zwei Themen im Zentrum: Zum einen der Mensch mit dem Thema Flexibilisierung und zum anderen die Digitalisierung mit dem Fokus Prozesse und Automation. Dank der Pandemie ist der Stein ins Rollen gekommen. Die Unternehmen befinden sich zwar in unterschiedlichen Maturitätsstufen, haben sich für die Reise jedoch fit gemacht. Hierarchien aufzubrechen oder auch Mitarbeitende zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu wissen, wären gemäss den Experten die nächsten Schritte.
Wo punktuell schon einiges hinsichtlich New Work und neuer Arbeitsformen angetrieben wurde, gilt es nun, mit einer ganzheitlichen Perspektive die Menschen mit auf den Weg von New Work zu nehmen. Auch um Grenzen auszuloten oder gar aufzulösen.
Die Experten sind sich einig: Kosten und glückliche Mitarbeitende sind zwei Effekte von New Work, die sich gegenseitig verbessern. Und Unternehmen können aktuelle Veränderungen in eine Chance für alle Seiten verwandeln.
«New Work muss für jedes Unternehmen zweckmässig sein und zur Situation passen. Während der Pandemie haben wir viel Bewegung gesehen. Die Frage wird sein, haben wir diese Bewegung im Betriebssystem des Unternehmens oder im Betriebssystem der Menschen verankert?»
Thomas Buerdel, CEO POLYPOINT
Vielleicht müssen Unternehmen ihre Führungskräfte zwar unterstützen, wie sie Menschen, die nicht zur gleichen Zeit am gleichen Ort arbeiten, besser führen können – aber wenn sie lernen, wie sie ihre Mitarbeitenden besser einbinden und gleichzeitig ihre Fähigkeiten verbessern, können sie auch Management und Talente für ähnliche Ziele vereinen.
Mit Veränderungen umzugehen und schnell darauf zu reagieren, ist eine der zentralen Kompetenzen von Mitarbeitenden und Leadern der Zukunft. Denn die Umwälzungen während der letzten 18 Monate führten zu einer neuen und dringenden Nachfrage nach Veränderungen. Damit einher ging auch die Einführung neuer Initiativen.
Traditionelles Änderungsmanagement reicht hier jedoch oft nicht mehr aus. Die Art des Veränderungsmanagements, die heute erforderlich ist, ist schnell, agil und (in vielen Fällen) virtuell.
Wie schnell ein Unternehmen auf Veränderungen reagieren kann und auch, wie selbstorganisiert eine Organisation und deren Mitarbeitenden sind, sind demnach zwei der ausschlaggebenden Faktoren in Sachen Agilität. Es zeigt sich, dass die Leistungserbringer im Gesundheitswesen hier an einigen Orten ansetzen können, beispielsweise bei der kulturellen Weiterentwicklung, dem internen Mindset von Mitarbeitenden und Leadern, der Organisationsstruktur oder der Infrastruktur. Auch sehen die Experten kurzfristiges Potenzial im Bereich des Personaleinsatzes:
«Ich stelle recht starre Strukturen innerhalb der einzelnen Institutionen fest. Wenn man sich verstärkt auf die Selbstbestimmung der Mitarbeitenden fokussiert, beginnt man im Kleinen und kann so eine Gesamtorganisation viel schlagkräftiger, viel agiler machen.»
Dr. Alain Meyer, careanesth
Die formale Einführung von agilem Vorgehen mag also für viele Unternehmen geeignet sein oder vielleicht auch nicht, aber es ist jetzt an der Zeit, darüber nachzudenken, wie das Veränderungsmanagement schneller und besser funktionieren kann. Wenn wir in diesem Moment etwas mit Sicherheit wissen, dann, dass weitere Veränderungen auf uns zukommen werden. Und uns jene den «Need for Change» vor Augen führen.
New Work beschreibt die neue Arbeitswelt und steht für die Stärken- und Potenzialentfaltung aller Mitarbeitenden. So bewegen sich vor allem auch jüngere Generationen weg von der Routinearbeit hin zu Aufgaben, die stärker mit den eigenen Zielen übereinstimmen. Sinnstiftung als einer der Beweggründe?
Im Gesundheitswesen wohl eher weniger die Tendenz. Denn gerade der Sinn – die Arbeit am Menschen und für die Gesundheit des Menschen – ist hier Grundlage.
Hingegen wirft das Thema der Stärkenorientierung gerade hinsichtlich der personellen Engpässe eine interessante Frage für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen auf. Das Managen von Skills und Kompetenzen sowie das Entdecken der Talente rücken auch in diesen Unternehmen weiter in den Fokus. Zum einen, um Mitarbeitende zu fördern, zu halten und zu entwickeln, denn was gerne und gut getan wird, motiviert und erhöht das eigene Engagement. Und zum anderen ist die Entwicklung der spezifischen Kompetenzen im Sinne der Unternehmensausrichtung entscheidend.
«Die HR-Bereiche leisten hier ihren Beitrag oft nicht, weil sie die Flexibilisierung noch zu wenig unterstützen. Aber aufgrund des Drucks, Dinge anders zu machen und Kompetenzen anders zuzuordnen, kommt Bewegung in die Sache. So entstehen jetzt beispielsweise auch Funktionen hierarchisch zwischen der Pflege und Ärzteschaft, damit dort Tätigkeiten aus dem Ärztebereich übernommen werden können.»
Michael Zürcher, Kantonsspital Aarau
Wenn wir somit von Kompetenzentwicklung sprechen, geht es um mehr als nur darum, mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten. Es geht um eine Reihe von Fähigkeiten wie emotionale Intelligenz, Anpassungsfähigkeit, komplexe Problemlösungen und Dutzende andere. Im Wesentlichen geht es um die Lernfähigkeit jedes Einzelnen.
Unterschiedliche Kollaborationsformen prägen heute die Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Vermehrt soll in Zukunft der selbstständige Patient als aktiver Teil in Behandlungsteams integriert werden. Und bereits heute sind kollaborative Entscheidungsfindungen zwischen Fachleuten und Wissenschaftlern kaum mehr wegzudenken.
Auch interprofessionelle Netzwerke zwischen Managern, politischen Entscheidungsträgern und Fachleuten im Gesundheitswesen haben in jüngster Zeit einen enormen Schub erlebt. Denn nicht einer von uns hat alle Antworten – nur gemeinsam können wir einen positiven Wandel beschleunigen.
«In grossen Institutionen gibt es Herausforderungen in der Zusammenarbeit und dem Alignment aller Bereiche. Die wirkliche Herausforderung jedoch beginnt, wenn die Zusammenarbeit über die Unternehmensgrenzen hinausgeht. Ich denke, hier ist das grösste Potenzial vorhanden. Gerade aus HR-Sicht ist dies der Schlüssel und somit die Zukunft von New Work.»
Alexandra Gastpar, HR Campus
Das ist es, was die besonderen Herausforderungen während der Pandemie aufzeigen. Wenn wir systemische, abteilungs- oder unternehmensspezifische Grenzen aufheben und unterschiedliche Mindsets zusammenbringen, können wir eine zeitgemässere und mitfühlendere Zukunft in der Gesundheitsversorgung aufbauen. Entscheidend dabei sind die transparente Kommunikation und die zeitechte Information dank integrierten Systemen.
Eines der Learnings, das wir aus den Talks ziehen: Die Work-Life-Balance wird zur Life-Balance. Sie erscheint ganz oben auf der Prioritätenliste vieler Unternehmen. Denn die Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist entscheidend für die Zufriedenheit an einem New-Work-Arbeitsplatz. Unterschiedliche Ansprüche, Bedürfnisse und Lebensphasen gilt es dabei zu beachten und Lösungen zu finden, die diejenigen Menschen von Anfang an mit einbeziehen, die es tatsächlich betrifft. Denn wir bewegen uns immer mehr in Richtung individualisierte Gesellschaft, da ist Flexibilität in jeglicher Hinsicht gefragt.
«Am Ende geht es um ein stimmiges Orchestrieren von Mitarbeiterzufriedenheit, Personalkosten und betrieblicher Flexibilität.»
Thomas Buerdel, CEO POLYPOINT
Ist eine Verbesserung der Work-Life-Balance bereichs- oder abteilungsspezifisch zu managen? Wie ermöglichen Leistungserbringer im Gesundheitswesen ihren Mitarbeitenden eine höchstmögliche Flexibilität? Diese Fragestellungen wurden von den Experten in der letzten Folge der POLYPOINT Talk-Reihe beleuchtet.
Viele Unternehmen im Gesundheitswesen befinden sich mitten in einer grossen Umstellung. Erwartungen von Patienten, Mitarbeitenden, Stakeholdern und Gesellschaft ändern sich kontinuierlich. Um voranzukommen, muss jedes Unternehmen neu und weiter denken. Und zwar gemeinsam mit den Menschen, die diesen Wandel vorantreiben. Alle organisatorischen Strategien, Planungen und Innovationen sind umsonst, wenn Sie Ihre Mitarbeitenden nicht mit auf die Reise nehmen. Denn:
Die Reise ist genauso wichtig wie das Ziel.
Mit der vereinten Kraft unseres Ökosystems unterstützen wir Sie darin, Mitarbeitende mit Ihren Unternehmenszielen zu verbinden. Dank Strukturen, Prozessen, Kultur und einer Arbeit, die motiviert und inspiriert. Sind Sie ready für die Zukunft?